01.08.2011

Military World Games

Military World GamesAn die Military World Games zu gehen ist schon genial. Wenn diese aber auch noch in Rio de Janeiro stattfinden, wird das OL-Erlebnis noch von einem riesigen Abenteuer begleitet. Und hat man dann auch noch Erfolg, dann wird das Ganze zum perfekten Erlebnis.

Früh morgens (es war so früh, ich kann mich kaum noch an die Zeit erinnern) startete unsere Maschine in Richtung Westen. Zusammen mit der gesamten rund 100 Sportler und Betreuer/Physiotherapeuten umfassenden Schweizer Delegation reisten wir via Lissabon nach Rio. Alle waren gespannt auf den riesigen Anlass, der als Hauptprobe für die kommenden Fussballweltmeisterschaften und Olympischen Spiele in Brasilien galt. Knapp 8‘000 Athleten aus über 120 Ländern und in mehr als 20 Sportarten trafen sich im warmen südamerikanischen Winter. Bei der Ankunft erdrückte uns die stickige, stark verschmutzte Luft, aber in unserem Village (es wurden extra für diese Spiele drei verschiedene Villages gebaut) etwas ausserhalb der Stadt fiel das Atmen schon leichter.

Die Einzelläufe

Nachdem wir uns etwas ans Klima und den organisatorischen Aufbau der Spiele gewöhnen konnten, fuhren alle OL-Läufer/innen (natürlich unter Begleitung des obligaten Polizeischutzes) etwas weiter ins Landesinnere. Es stand eine kurze Geländebesichtigung bevor. Die meist schnell zu belaufenden Eukalyptuswälder dufteten herrlich und die Musterkarte eröffnete einige spannende Postenstandorte. Nach einer Analyse im Team und der letzten individuellen Vorbereitung, fühlte ich mich bereit für die Mitteldistanz.

Ich startete vorsichtig ins Rennen, musste aber beim zweiten Posten bereits einen grösseren Zeitverlust im Postenraum hinnehmen. Beim Attackpoint stellte ich den Kompass nicht sauber, suchte einen Moment und lief dann nochmals, diesmal mit der genauen Richtung, vom selben Attackpoint hinein. Bereits kam der nächste Läufer zum Posten. Bronze!Danach legte ich jedoch den Respekt ab und lief sehr offensiv. Der teils sehr kurze Kartenkontakt führte zu zwei weiteren kleinen Zeitverlusten, jedoch gelang mir gesamthaft gesehen nach dem zweiten Posten eine sehr starke Leistung. Physisch war ich an diesem Tag top und am Schluss fehlten deutlich weniger als die insgesamt zwei Fehlerminuten auf den Sieger. Rang 8.

Die Langdistanz war physisch sehr fordernd. Die hohe Luftfeuchtigkeit machte die vielen Aufstiege noch etwas härter. An einer Stelle war die Karte nicht sauber aufgenommen, ansonsten war auch die Langdistanz gleich wie die beiden anderen Wettkämpfe von hoher Qualität. Mir gelang ein weiterer solider Lauf, diesmal ohne grösseren Fehler (ausser auf einer Route kassierte ich über eine Minute) und es reichte zu Bronze! Auch meine Teamkollegen liefen stark und so konnten wir die Teamwertung klar für uns entscheiden!

Staffel und Kultur

Routenwahl zwischen Posten 2 und 3Nach erfolgreichen Einzelläufen und dem deutlichen Sieg in der Teamwertung, war die Zielsetzung für die Staffel natürlich hoch. Wir wollten vorne mitmischen und eine Medaille sollte drin liegen. Allerdings wussten wir um die läuferischen Stärken vor allem der osteuropäischen Teams. Auch war uns der Charakter des Waldes gänzlich unbekannt. Und da man bei Staffeln immer von anderen profitieren kann, kam es dann auch wie erwartet. Nachdem ich beim Posten zwei in Führung gelegen hatte, versuchte ich zum diffusen Posten drei eine sichere Route zu wählen. Dabei lief ich nicht konsequent über einen kleinen Pfad, sondern endete in einem kaum zu durchdringenden Dschungel. Ich hoffte, dass mir möglichst viele Gegner folgen würden, was auch geschah. Zwei Posten später traf unsere Gruppe dann aber auf einen im Postenraum umherirrenden Brasilianer und es wurde mir bewusst, dass wohl einige eine schlauere Route zum dritten Posten gewählt hatten. In der Folge lief ich meist zusammen mit einem Litauer und einem Norweger, hatte aber schon bald sehr müde Beine. Ich kämpfte mich mit Müh und Not ins Ziel und überholte dabei noch einige Läufer, welche sich früh im Rennen in der vorderen Gruppe eingefunden hatten. Bei der Übergabe auf Andreas Kyburz lagen wir gut 90 Sekunden hinter den Führenden. Kybi erging es ähnlich wie mir und er lief fast dieselbe Zeit, weil aber die Konkurrenten auf der zweiten Ablösung etwas langsamer unterwegs waren, durfte Martin Hubmann an der Spitze liegend auf die letzte Strecke starten. Gleich mit ihm aber die Polen und Esten, nicht weit dahinter die ersten Verfolger. Tinu lief ein beherztes Rennen und musste sich nur vom läuferisch extrem starken Kowalski (Polen) geschlagen geben. Silber!!! Nach den Wettkämpfen hatten wir noch einige Tage Zeit, Rio besser kennen zu lernen. Und ich bin absolut fasziniert von dieser Stadt! Die steilen Hügel, welche Mitten in der Metropole hervorragen, eröffnen einen schönen Überblick über die gepflegten Stadteile, die chaotischen Favelas, die riesigen Strände und was die Sambastadt sonst noch so zu bieten hat. Die Leute sind offen und extrem lebensfreudig, der Ausgang im Stadtzentrum war Abenteuer pur.

Nach so vielen grossartigen Erlebnissen kam ich ziemlich ausgelaugt in der Schweiz an. Aber der Medaillensatz, die schönen Erinnerungen und alle geschossenen Bilder werden mir bei der Erholung und Verarbeitung dieses Karrierehighlights helfen. Herzlichen Dank allen Beteiligten!

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