29.05.2012

back on track

Es war nicht das erste Mal, dass ich bei Testläufen im Frühling unter meinen Erwartungen abschnitt. Ich bin es mir auch gewohnt, erhoffte Selektionen nicht zu schaffen. Und normalerweise münden solche Rückschläge in Motivation über, den Hunger, es im Sommer und Herbst besser zu machen und zu zeigen, was ich kann. Diesmal war dem nicht so. Ich fühlte mich einfach total leer, ziellos.

Nachdem ich meinen ersten Frust ausgelebt hatte, merkte ich, dass ich nicht der einzige war, dem es nicht so toll lief. So konnte ich mein Leid mit TeamkollegenInnen teilen und auf ihre Unterstützung zählen. Weil ich einfach mal planlos weitertrainierte und gut in Form war, meldete ich mich kurzfristig für den Grand-Prix Bern an. Am Morgen noch Fotos schiessend und Interview führend bei einem Jugendsporttag, reiste ich über Mittag nach Bern, wo es weiterhin nur aus einem Guss regnete. Irgendwie passte das, ich montierte meine leichten Schuhe und lief los. Knapp 52 Minuten später war ich im Ziel, als drittbester Schweizer.

Stadt vs. Land

Der Mix aus Wettkämpfen, hohem Trainingsumfang und weniger Schlaf als gewohnt führte dazu, dass ich krank wurde. Aber auch das störte mich nicht. Ich trainierte einfach weiter, teilweise hustend und schleimend wie ein wütender Bulldogge. Je härter das Training desto besser, desto mehr kam die Motivation und der Kampfgeist zurück. Und weil ich nicht zu viel studierte, mir nebst dem Training mehr Ruhe gönnte und Mami ab und zu gesunden Tee kochte, wurde ich trotz grossem Trainingsumfang wieder gesund. Erfreut über meine Form am GP, meldete ich mich erneut für einen 10 Meilen Lauf an, diesmal nicht auf Asphalt in der Stadt sondern auf Wanderwegen im Berner Oberland. Der Blüemlisalp-Lauf schien mir perfekt, nebst den 10 Meilen waren noch 720 Höhenmeter zu bewältigen, die letztjährigen Ranglisten zeigten ein starkes Teilnehmerfeld. So stand ich am Sonntagmorgen auf der Startlinie, nicht ganz sicher, ob meine Form nach Erkältung und zwei harten Trainingswochen mit viel Steigung noch halten würde. Auf den ersten 1.5 flachen Kilometern machte ich dennoch gleich etwas Tempo und lief in Führung liegend in die erste Steigung. Dort nahm ich bewusst etwas Tempo zurück, um nicht frühzeitig viel Laktat zu bilden. Mit etwa zehn Sekunden Rückstand kam ich in den Mittelteil, wo sich flache Partien, Abfahrten und happige, kurze Anstiege abwechselten. Ich ging wieder in Führung, sicherte mir die „Sprintwertung“ bei Rennhälfte und versuchte meinen Vorsprung bis zum Schlussanstieg auszubauen.

Streckenprofil BlüemlisalplaufMit etwa 20 Sekunden Vorsprung ging es in die letzten knapp 2 Kilometer, auf denen es nur noch (sehr) steil bergauf ging. 600m vor dem Ziel schloss Markus Jenne (aus Deutschland, vierfacher Sieger Inferno Halbmarathon Lauterbrunnen) zu mir auf und liess mich stehen. Ich hatte nicht den Mut ihm zu folgen, da ich nicht genau wusste wie lange es noch bergauf gehen würde und wann der Hammermann kommt. So lief ich 15 Sekunden nach ihm als Zweiter ins Ziel, über eine Minuten unter dem alten Streckenrekord. Es nervt mich ein wenig, das Rennen so kurz vor dem Ziel „verloren“ zu haben, gibt mir aber auch Motivation wiedermal an diesem genialen Lauf teilzunehmen und mit erholten Beinen den neuen Streckenrekord anzugreifen. Ich kann den Wettkampf jedem empfehlen, der gerne schöne Wanderwege bergauf und bergab rennt, die herrliche Bergkulisse mag und seine Grenzen austesten will!

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