24.04.2015

All about that base

Eigentlich hatte ich vorgehabt, es nach meiner Ankunft in Schweden ruhig anzugehen, damit ich die Reise und Umstellung im Umfeld verdauen konnte. Aber dann waren da auch diese schönen Wälder, der Hunger auf Trainingsumfang, die Trainingslager und das hohe Handicap im Frisbeegolf. Also stieg ich ziemlich derb in den Trainingsalltag ein, machte öfters Nacht-OL, ein Individual-Trainingslager in Fredrikstad (4 Tage in Norwegen), ein Clubtrainingslager für die Tiomila-Staffel (5 Tage rund um Stockholm) und eine ausgedehnte Trainingswoche mit Wettkämpfen in Halden (8 Tage in Norwegen). Unter dem Strich bin ich während drei der letzten vier Wochen 12 Stunden und mehr gerannt, 70% davon OL.

Die Trainingslager

Mit dem Individual-Trainingslager in Fredrikstad wollte ich den Aufbruch zur WOC 2016 einläuten. Fredrikstad liegt unweit vom WM-Austragungsort Strömstad entfernt und bietet sehr viele verschiedene Geländetypen auf engstem Raum. Da ich mein eigener Chef war konnte ich die Arbeit an Technik und im Mentalbereich sehr gut planen und legte wegweisende Fundamente in diesen Bereichen.

Wie für alle skandinavischen Clubs ist die Clubstaffel Tiomila einer der zwei Höhepunkte (der zweite ist die Jukola-Staffel in Finnland) im Jahr und da diese bereits in knapp drei Wochen beim Flughafen in Stockholm stattfindet, stehen alle Bestrebungen des Clubs im Zeichen dieses Wettkampfs im Moment. Ich wohne mit einem der Teamchefs zusammen – eine Stunde Telefongespräch pro Tag über alle möglichen und unmöglichen Befinden der Läufer mit den anderen Teamchefs ist Standard im Moment. Weil es für mich wichtig ist, im Clubleben integriert zu sein und ich sehr gerne Zeit mit meinen Clubkammeraden und Clubkammeradinnen verbringe, reiste ich mit nach Stockholm, obschon ich die Tiomila aufgrund der unmittelbar danach stattfindenden Testläufe in der Schweiz nicht laufe. Ich konnte dabei meine begonnene Arbeit im Technik- und Mentalbereich weiter voran treiben.

Vergangene Woche verbrachte ich nochmals in der Nähe von Strömstad, genauer gesagt in der legendären Clubhütte des Halden SK. In dieser Hütte ist als 14-jähriger Pudu wohl meine Liebe zum OL entstanden. Umso schöner und mit vielen Erinnerungen verbunden war die Rückkehr an den Ort, an dem ich bei meinem ersten Aufenthalt in Skandinavien mit dem Nachwuchskader ZH/SH+ so viele gute Erinnerungen gesammelt habe. Ich durfte mich diesmal dem finnischen Topclub Kalevan Rasti anschliessen und so kurz nach dem Tiomila-Trainingslager mit Göteborg Majorna eine andere Mannschaft bei ihren Vorbereitungen beobachten. Spannend, wie unterschiedlich Clubleben und Mentalitäten sind. Mit unzähligen Stunden im Wald konnte ich die gemachten Anpassungen im Laufkonzept immer und immer wieder anwenden und fühlte mich bei den abschliessenden Wettkämpfen schon sehr wohl auf der Karte.

Abendstimmung in Høiåskurz vor dem Nachttraining in Halden

Die Technik und das Mentale

Da ich in den Trainingslagern und auch im Alltag viel Zeit für den Sport habe, war für mich klar, dass ich wieder einmal grundsätzlich über mein OL-Machen reflektieren wollte. Dies führte dazu, dass ich mein langjähriges Laufkonzept verfeinerte und meine Analyseblätter anpasste, womit nun alles optimal auf das Konzept abgestimmt ist. Dies sind aufreibende Arbeiten die viel Fleiss und Mentalarbeit brauchen, sich aber früher oder später auszahlen. Das harte daran ist, dass man den Erfolg weniger direkt sieht als beim Physischen, wo die Beine einfach schneller werden mit gutem Training. Es ist indes spannend zu sehen wie verinnerlicht das Laufkonzept ist – gemachte Anpassungen habe ich bei den ersten Trainings so gut wie nicht angewendet, erst nach mehrfacher bewusster Umsetzung konnte ich das alte Muster aufbrechen.

eines von unzähligen Kartentrainings

Die Physis und das Umfeld

Physisch konnte ich seit über einem Jahr wiedermal richtig viel Umfang trainieren. So war ich körperlich meistens müde an den Wettkämpfen von den vielen Trainings. Die Schmerzen in den Fusssohlen habe ich trotz des vielen Lauftrainings im Griff. Nach dem Trainingslager in Halden stellte ich um auf Wettkampfvorbereitungsmodus, sprich weniger Umfang und kürzere, schnellere Einheiten mit dem Ziel, spritziger zu werden. Bis zu den Testläufen (14.-17. Mai) werde ich keinen Wettkampf voll ausgeruht in Angriff nehmen, die Karten lege ich am ersten Testlauf auf den Tisch (ich hoffe zu wissen, was für ein Blatt ich habe;).

Das Trainingsumfeld in Göteborg ist toll, die Möglichkeiten OL zu machen mehr als ausreichend. Ich spüre die Unterstützung vom Club und das Verständnis der Kollegen, dass ich die Tiomila nicht laufe. Das hilft sehr. Ich bin am Schwedisch lernen, eine Karte für den Klub am überarbeiten, auf Wohnungs- und Jobsuche und sollte seit langem ein Projekt an der Uni fertig machen. Es wird mir nicht langweilig und ich versuche, den gefundenen roten Faden im OL nicht aus den Augen zu verlieren. Daneben gibt es noch eine weitere Sportart, die hier sehr wichtig ist. Frisbeegolf. Ein 18-Loch Kurs mitten durch den Wald mit teils langen Wurfdistanzen bergab und bergauf fordert einem mental und sogar physisch. Ein Match hinten raus nachhause zu bringen kann anspruchsvoller sein, als auf der letzten Strecke der Tiomila am Start zu stehen. Auch hier setzte ich den Fokus in den letzten Wochen auf die Basis und konnte so mein Handicap auf 8 herunter bringen. Jetzt wird es langsam Zeit, anzugreifen.

Feldarbeit im Änggårdsbergendie Wahl des Discs ist nicht zu unterschätzen

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