Bereits Mitte Dezember flog ich von der kälter werdenden Schweiz nach Australien, wo ich in Brisbane meinen ehemaligen OL-Kollegen Jin traf. Gemeinsam mit unserem Mini-Bus „Adele“ besuchten wir der Ostküste entlang diverse Sehenswürdigkeiten und rannten zu manchem Aussichtspunkt. Nebst der körperlichen Akklimatisation stellte ich mich auch mental auf den frühen Saisonstart ein und machte vor Heiligabend zwei Sprint-OLs in Sydney. Am ersten Januar kam dann das gesamte Weltcupteam in Launceston auf Tasmanien zusammen, am nächsten Tag stand bereits die Sprint-Qualifikation auf dem Programm.
Nur die Hängebrücke war wacklig
Die Qualifikation fand in einem kleinen Taal nahe des Stadtgebietes von Launceston statt. Ein Kratersee, ein Pool, eine Hängebrücke sowie diverse kleine Parke und Waldabschnitte versprachen ein etwas spezielles Sprint-Gelände. Da immer zwei Läufer gemeinsam starteten (in je einem Heat) und einige Posten mehrmals anzulaufen waren, stellte sich auch administrativ die eine oder andere Aufgabe. Ich kam gut in den Lauf, überlas aber Posten 10 und visierte den elften Posten an. Glücklicherweise lagen die Posten in gleicher Richtung und da ich den Fehler schnell bemerkte, konnte ich den Zeitverlust klein halten. Ich war aber nun dennoch etwas gestresst und verlor einige Sekunden im Postenraum des folgenden Postens. Danach lief es wieder flüssiger und auch das Vorbeirennen an einem Posten am Wegrand mit der anschliessend eher ruckartigen 180° Wende brachte mich nicht aus der Ruhe. Als siebter meines Heats schaffte ich die Qualifikation locker (20 Plätze pro Heat) und wusste zugleich, dass noch Luft nach oben war für den Final.
ctrl C ctrl V
Am Finaltag heute war es aussergewöhnlich heiss 33° – selbst die Einheimischen sprachen vom vielleicht bereits wärmsten Tag für 2015 auf der Insel. Da ich mich schon länger in der Wärme aufhielt und auch einige schnelle Einheiten bei hohen Temperaturen absolvierte in den Wochen vorher, liess ich mich nicht davon aus dem Konzept bringen. Die Beine fühlten sich nicht super frisch an (was sicherlich auch mit dem allgemein schlechten Formaufbau aufgrund meiner Probleme mit der Plantar Fasciitis zu tun hat), aber ich sagte mir, dass es wohl allen so ging. Ich fand wiederum gut ins Rennen, auch wenn ich zum zweiten Posten eine schlechte Routenwahl traf – das merkte ich unterwegs nicht. Beim ersten Zwischenzeitenposten zu Rennhälfte lag ich auf dem 13 Platz, was für mich in der momentanen Verfassung gut wäre. Gleich danach unterlief mir aber das selbe Missgeschick wie am Vortag – ich überlass einen Posten. Ich bemerkte den Lapsus wiederum schnell, war aber ab da immer einen Schritt hinten nach. Ansatt kühlen Kopf zu bewahren und wieder in den Flow zu finden, reihte ich Umweg an Umweg und interpretierte zweimal falsch, auf welcher Seite der Mauer der Posten stehen wird. Insgesamt kamen so über 90 Sekunden Fehler zusammen, was für einen Sprint eine Ewigkeit ist. Dies schlug sich auch auf das Resultat nieder, so schlecht (23) war ich in einem Weltcupsprint schon seit Jahren nicht mehr klassiert.
Nun stehen vier Tage ohne Weltcuprennen an, danach kommen die Mitteldistanz, ein Ruhetag und die abschliessende Langdistanz. Ich freue mich brutal auf die Walddisziplinen, die Karten sehen sehr anspruchsvoll aus. Da ich noch nie in vergleichbarem Gelände und mit so vielen Schlangen unterwegs war, gilt es in den nächsten Tagen möglichst viele Erkenntnisse aus den Trainings zu ziehen. Soll mich der tasmanische Teufel holen, wenn mir mit so viel Vorfreude im Bauch in der Mitteldistanz keine bessere Leistung gelingt!
© 2016 Raffael Huber